Jahresbericht 2023

23 JAHRESBERICHT 2023

INHALTSVERZEICHNIS 3 Vorwort 4 Leitbild des steuerberatenden Berufs 5 Highlights 2023 11 Im Fokus: die Steuerberaterplattform 13 Fachwissenschaftliche Arbeit 37 Europa 47 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 61 Seminare 65 Die Bundessteuerberaterkammer 74 Impressum

2 | BStBK-Jahresbericht 2023

Vorwort | 3 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, 2023 war unser Berufsstand durch die vielen Zusatzaufgaben wie die Grundsteuerreform und die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen stark ausgelastet. Einige Kolleginnen und Kollegen sind auch heute noch mit den Nachwehen der Corona-Pandemie belastet – den letzten Schlussabrechnungen der Wirtschaftshilfen. Bald ist es geschafft. Die Zielgerade ist in Sicht. Zwar hielt uns die Politik mit einigen Zusatzaufgaben auf Trab, aber die BStBK konnte Fristverlängerungen durchsetzen und die Digitalisierung in den Steuerberaterkanzleien mit neuen Meilensteinen vorantreiben. Das vergangene Jahr also nur auf kräftezehrende Herausforderungen zu beschränken, ergäbe ein unvollständiges Bild. Denn in 2023 steckte auch Tatkraft und Modernisierung. Die BStBK startete Anfang 2023 ihr zentrales Zukunftsprojekt – die Steuerberaterplattform. Diese ist zunächst mit der ersten Ausbaustufe, dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt), an den Start gegangen. Danach folgte im September 2023 der zweite Use-Case: das OZG-Antragsportal der regionalen Steuerberaterkammern. Ein wichtiger Schritt zur weiteren Digitalisierung unseres Berufsstands und zum Einstieg in digitale Cloud-Lösungen. Das stellt unseren Berufsstand zukunftsfest auf. Darüber hinaus ist es der BStBK gelungen, zusätzliche belastende Pflichten und Regelungen für unseren Berufsstand auf nationaler und internationaler Ebene abzuwenden. So ist die geplante Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen im Wachstumschancengesetz nicht mehr vorgesehen. Die Politik hat auf unser Drängen im letzten Jahr reagiert und sich Anfang 2024 schließlich gegen dieses Bürokratiemonster ohne Mehrwert entschieden. Zudem versuchte die EU-Kommission mit ihrer SAFE-Initiative den steuerberatenden Beruf unter den Generalverdacht zu stellen, Vermittler von Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung zu sein, und wollte uns mit zusätzlichen Regeln belasten. Dagegen wehrte sich die BStBK mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln – mit Erfolg. Das Vorhaben wurde im Laufe des Jahres nicht weiterverfolgt. Auch im Berufsrecht setzte sich die BStBK für die Belange des Berufsstands ein und schützte die tragenden Säulen der Steuerberatung. So konnten wir bspw. beim Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz die geplanten Durchgriffsrechte für die neue Geldwäschebehörde auf unsere berufliche Selbstverwaltung abwenden. Im Jahr 2024 krempeln wir wieder die Ärmel hoch und unterstützen den Berufsstand auf dem Weg in die Zukunft. Wir starten eine gemeinsame Fachkräfteinitiative von BStBK, DStV und der DATEV, um das Image unseres modernen und vielfältigen Berufs bei jungen Menschen zu verbessern. Zudem binden wir die Steuerberaterplattform u. a. an das Unternehmensregister an und treiben eine grundlegende Reform der Steuerberaterprüfung voran. Prof. Dr. Hartmut Schwab Präsident der Bundessteuerberaterkammer Prof. Dr. Hartmut Schwab

4 | BStBK-Jahresbericht 2023 Als Steuerberater und Steuerberaterinnen sind wir Angehörige eines Freien Berufs und Organ der Steuerrechtspflege. Durch die gesetzlich geschützte berufliche Verschwiegenheit und die detaillierte Kenntnis der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse unserer Mandanten tragen wir ein hohes Maß an Verantwortung und haben eine besondere Vertrauensstellung. Wir begleiten unsere Mandanten als unabhängige und kompetente Ratgeber bei allen steuerlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen mit dem Ziel, ihre Interessen als Unternehmer, Institutionen oder Privatpersonen optimal zu vertreten sowie ihren wirtschaftlichen Erfolg zu fördern und zu sichern. Unser Leistungsangebot umfasst insbesondere die Rechnungslegung nach nationalen und internationalen Vorgaben, die Steuerberatung und den steuerlichen Rechtsschutz. Die Beratung in privaten Vermögensangelegenheiten, die betriebswirtschaftliche Beratung sowie die Durchführung von gesetzlichen und freiwilligen Prüfungen sind weitere wesentliche Tätigkeitsfelder. Wir üben unseren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft aus. Durch hohe Qualifikation, verbunden mit konsequenter Fortbildung, durch effiziente Kanzleiführung und Qualitätsmanagement schaffen wir die Grundlage, um auch zukünftigen Anforderungen flexibel begegnen zu können. * 2006 verabschiedet LEITBILD DES STEUERBERATENDEN BERUFS*

KAPITEL 1 HIGHLIGHTS 2023

6 | BStBK-Jahresbericht 2023 NEUWAHL DES PRÄSIDIUMS Prof. Schwab ist seit 1989 als Steuerberater tätig und seit 2006 Präsident der Steuerberaterkammer München. Von 2007 bis 2019 war er zudem BStBK-Vizepräsident. Kurz nach der Wahl skizzierte Prof. Schwab, der seit 2019 an der Spitze der BStBK steht, bereits einige politische Ziele seiner neuen Amtszeit. So stellte er heraus, dass der steuerberatende Beruf sich um Fachkräfte bemühen und noch digitaler werden müsse. Ein zentraler Meilenstein dabei sei die Steuerberaterplattform mit ihren Use-Cases. Das beschleunige laut Schwab die Digitalisierung in der Steuerberatung und ermögliche den Einstieg in digitale Cloud-Lösungen. Als Spitzenorganisation des Berufsstands sei es zudem Aufgabe der BStBK, den Beruf attraktiv zu halten und mehr junge Menschen dafür zu begeistern. Hier stellte der BStBK-Präsident in Aussicht, dass die bestehenden Maßnahmen massiv ausgebaut werden, um dem Fachkräftemangel noch wirksamer entgegenzutreten. Neben den nationalen Anstrengungen arbeite die BStBK auf europäischer Ebene daran, Angriffe auf das Berufsrecht abzuwehren. Schließlich seien die von Misstrauen beherrschten Vorhaben der EU-­ Kommission oft der Ursprung für die Herausforderungen auf nationaler Ebene. Als weitere Mitglieder des Präsidiums wählten die Delegierten die Vizepräsidenten Volker Kaiser, StB, Westfalen-Lippe, Dirk Rose, StB/WP/RA/FA f. StR, Sachsen, und Alexander Schüffner, StB, Berlin. Dem Präsidium gehören außerdem Karl-Heinz Bonjean, StB, Köln, Boris Kurczinski, StB, Schleswig-Holstein, Dr. Dieter Mehnert, StB/WP/FB f. IStR, Nürnberg, Prof. Dr. Uwe Schramm, StB, Stuttgart, und Dr. Holger Stein, StB, Mecklenburg-Vorpommern, an. Die Amtszeit des Präsidiums beträgt vier Jahre. Am 26. September 2023 wählten die Delegierten der 108. Bundeskammerversammlung in Saarbrücken Prof. Dr. Hartmut Schwab, StB/FB f. IStR, zum Präsidenten der Bundessteuerberaterkammer. Er wurde mit hundert Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt.

Highlights 2023 | 7 V. l. n. r.: Volker Kaiser, Dr. Holger Stein, Karl-Heinz Bonjean, Prof. Dr. Uwe Schramm, Boris Kurczinski, Prof. Dr. Hartmut Schwab, Alexander Schüffner, Dirk Rose und Dr. Dieter Mehnert

8 | BStBK-Jahresbericht 2023 61. DEUTSCHER STEUERBERATERKONGRESS Thematisch stand der Kongress ganz im Zeichen zahlreicher wirtschaftlicher Herausforderungen, wie die wachsende Bürokratie, eine viel zu zeitintensive Betriebsprüfung und immer neue Berichtspflichten. Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht enorm unter Druck. Das alles betrifft auch Steuerberater*innen und ihre Mandantschaft. In seiner Eröffnungsrede forderte BStBK-Präsident Prof. Dr. Hartmut Schwab die Politik auf, mit einem steuerpolitischen Gesamtkonzept gegenzusteuern. Sie solle endlich die drei wichtigsten Baustellen im Steuerrecht angehen: eine Unternehmensteuerreform, den Bürokratieabbau und die Digitalisierung. Die Politik müsse zudem dringend dazu übergehen, bestehende Maßnahmen zunächst zu evaluieren, anstatt den Berufsstand und Unternehmen mit immer neuen Pflichten zu belasten. Dies gelte auf nationaler und internationaler Ebene. Besonders kritisierte Prof. Schwab den Vorschlag der EU-Kommission „zur Bekämpfung der Rolle von Vermittlern, die Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung in der Europäischen Union erleichtern“, kurz SAFE. Mit diesem Vorschlag schieße die Kommission weit über das Ziel hinaus. Der geplante Maßnahmenkatalog schaffe nicht nur Rechtsunsicherheit, sondern sei darüber hinaus auch rufschädigend für den deutschen Berufsstand und völlig unnötig. Prof. Schwab betonte, dass die bereits existierenden grenzüberschreitenden Meldepflichten schon keinerlei Erkenntnisgewinn gebracht hätten. Unverständlich sei deswegen, warum die Bundesregierung im geplanten Steuerfairnessgesetz auch eine Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen vorsehe. Er forderte den Gesetzgeber auf, von der Einführung der nationalen Anzeigepflichten dringend abzusehen. Dafür setze sich die BStBK weiterhin ein. Weiter richteten Dr. Andreas Dressel, Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, und Dr. Hans-Josef Thesling, Präsident des Bundesfinanzhofs, ihre Grußworte an die Teilnehmer*innen. In seiner Keynote „Zukunft made in Germany“ veranschaulichte Christoph Keese, CEO von hy, der Axel Springer Consulting Group, wie künstliche Intelligenz die Steuerberatung verändert. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit ihm und Stefan Groß von der Steuerberaterkammer München wurde klar: Wenn der Berufsstand die Digitalisierung weiter annimmt und künstliche Intelligenz in die Kanzleiprozesse einbindet, können wertvolle Potenziale in der Steuerberatung gehoben werden. Als Highlight des ersten Kongresstages gab Bundesfinanzminister Christian Lindner in seiner Rede am Nachmittag Einblicke in die steuerpolitische Arbeit der Bundesregierung. Er kündigte an, sich weiter für Steuervereinfachung einzusetzen. Darüber hinaus forderte er die EU-Kommission dazu auf, die Bedeutung des steuerberatenden Berufs anzuerkennen und nicht mit immer mehr Meldepflichten zu belasten. Am ersten und zweiten Kongresstag erwartete die Teilnehmer*innen zudem ein vielfältiges Vortragsangebot. Dabei standen u. a. aktuelle Themen wie „Die neue Steuerberaterplattform – wie geht es weiter?“, „Generationen & Werte im Wandel – wie tickt die Generation Z und wie kann ich mit ihr zusammenarbeiten?“ oder „Update Ertragsteuern“ im Fokus. Ebenfalls befasste sich der „Treffpunkt junge Steuerberater“ mit dem zentralen Thema „Berufsperspektiven für junge Steuerberater“. Am 8. und 9. Mai 2023 fand das große Jahrestreffen unseres Berufsstands im Congress Center Hamburg statt – der DEUTSCHE STEUERBERATERKONGRESS. Über 1.400 Teilnehmer*innen aus Wirtschaft, Politik, Berufsstand und Presse folgten der Einladung der BStBK.

Highlights 2023 | 9 Finanzsenator Dr. Andreas Dressel BStBK-Präsident Prof. Dr. Hartmut Schwab eröffnet den DEUTSCHEN STEUERBERATERKONGRESS 2023 Bundesfinanzminister Christian Lindner

10 | BStBK-Jahresbericht 2023 BFH-Präsident Dr. Hans-Josef Thesling Prof. Schwab und Christian Lindner im Zwiegespräch Über 1.400 Gäste nahmen am Kongress teil

KAPITEL 2 IM FOKUS: DIE STEUERBERATERPLATTFORM

12 | BStBK-Jahresbericht 2023 Das Jahr 2023 startete mit einem enormen Digitalisierungsschub für den Berufsstand und die Bundessteuerberaterkammer. Pünktlich zum Jahreswechsel fiel der Startschuss für die Steuerberaterplattform und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach, kurz beSt. Der Start verlief erfolgreich: Über das Jahr hat sich die Mehrheit des Berufstands auf der Steuerberaterplattform registriert sowie das beSt aktiviert und ist somit der berufsrechtlichen Pflicht, die im Steuerberatungsgesetz geregelt ist, entsprechend nachgekommen. Die BStBK stellt alle Informationen, Service- und Supportmaterialien sowie entsprechende Kontaktmöglichkeiten auf ihrer Website zur Steuerberaterplattform und zum beSt zur Verfügung. Berufsträger*innen erreichen hier auch den Selfservice des beSt und werden über den technischen Verfügbarkeitsstatus der Steuerberaterplattform informiert. Außerdem steht ein Termin-Service für Hilfestellungen zur Erstregistrierung zur Verfügung. Alle genannten Informationen und Services sind unter https://steuerberaterplattform-bstbk.de verfügbar. Seit Juli 2023 gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit, das beSt für eine weitere Beratungsstelle zu beantragen. Im September startete als zweiter Anwendungsfall das OZG-Antragsportal der Steuerberaterkammern erfolgreich. Erstmals wurden damit die Verwaltungsdienstleistungen der Steuerberaterkammern in einem einheitlichen Antragsportal gebündelt. Sie setzten damit den Leistungskatalog nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) vollständig um und bieten ihren Mitgliedern einen zentralen digitalen Einstiegspunkt für die Kommunikation an. Anträge, Befugnisse und Zulassungen können direkt über das OZG-Antragsportal abgewickelt werden, ein deutlicher Zuwachs an Effizienz und schnellere Prozesse für alle Beteiligten. Steuerberater*innen, die schon auf der Steuerberaterplattform registriert sind, können damit ganz im Sinne des Single-Sign-On-Prinzips nun neben dem beSt auch das OZG-Antragsportal mit ihrer digitalen Steuerberateridentität nutzen: ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung des Berufsstands. Das OZG-Antragsportal ist hier abrufbar: https://stbk-antragsportal.de/ DIE STEUERBERATERPLATTFORM UND DAS beSt

KAPITEL 3 FACHWISSENSCHAFTLICHE ARBEIT

14 | BStBK-Jahresbericht 2023 RECHT UND BERUFSRECHT [ 1 ] – Änderung des Vergütungsrechts der Steuerberater*innen Die 108. Bundeskammerversammlung hat im September 2023 verschiedene Vorschläge zu Änderungen der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) diskutiert und beschlossen. Aufgrund der aktuellen Kostensteigerungen und der hohen Inflationsrate sprachen sich die Delegierten insbesondere für eine zeitnahe lineare Gebührenerhöhung aus. Dabei sollen zunächst die Tabellen A bis D zur StBVV um mindestens 10 Prozent angehoben werden. Zudem soll konsequenterweise eine vergleichbare Erhöhung der gegenstandswertunabhängigen Gebühren erfolgen. Weiterhin setzten sich die Delegierten dafür ein, dass zukünftig eine regelmäßige automatische Anpassung der Tabellen sowie der gegenstandswertunabhängigen Gebühren erfolgen sollte. Angelehnt an die Forderungen der Anwaltschaft soll sich die Erhöhung dabei an den Entwicklungen des Nominallohnindexes orientieren. Neben der Gebührenerhöhung wurde auch ein von der BStBK ausgearbeiteter Vorschlag zur Einführung des Erfolgshonorars verabschiedet. Angelehnt an die bestehenden Regelungen im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sollen hierzu der bestehende § 9a StBerG angepasst und ein neuer § 4a StBVV eingeführt werden. Letztlich beschloss die 108. Bundeskammerversammlung verschiedene weitere materiell-rechtliche Änderungsvorschläge zur StBVV, darunter bspw. die Streichung des Schriftformerfordernisses bei der Gebührenrechnung in § 9 Abs. 1 StBVV. Die BStBK übermittelte sämtliche Vorschläge mit Schreiben vom 13. November 2023 an das BMF. [ 2 ] – Gesetzentwurf zur Neuregelung der Befugnis zur beschränkten und unentgeltlichen Hilfeleistung in Steuersachen Die Bundesregierung beschloss am 26. Juli 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Befugnis zur beschränkten und unentgeltlichen Hilfeleistung in Steuersachen. Ziel des Gesetzentwurfs ist insbesondere, das noch anhängige Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen der Vorbehaltsaufgaben auf dem Gebiet der Steuerberatung zu beenden. Nach Auffassung der BStBK stellte der Gesetzentwurf insgesamt einen gelungenen und konsistenten Regelungsvorschlag dar. Er trägt einerseits der Forderung der EU-Kommission Rechnung, die Anzahl der Ausnahmetatbestände in dem bisherigen § 4 StBerG zu reduzieren und die bestehenden Regelungen klarer und stringenter zu formulieren. Andererseits bildet er den bisherigen Befugnisrahmen zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen inhaltlich weitgehend ab, wobei einzelne Tatbestände in sachgerechter Weise zu einer Regelung zusammengefasst werden. Die BStBK kritisierte in ihrer Stellungnahme, dass die unentgeltliche geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen unter Anleitung eines Befugnisträgers oder Volljuristen zugelassen werden soll. Eine solche Ausweitung der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen, die nicht auf die Tätigkeit einer sogenannten Tax Law Clinic beschränkt sein soll, ist gerade mit Blick auf das anhängige Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen der Regelung des § 4 StBerG kontraproduktiv, da diese insbesondere die Vielzahl der Ausnahmetatbestände in § 4 StBerG beanstandet hat.

Fachwissenschaftliche Arbeit | 15 [ 3 ] – Hinweisgeberschutzgesetz Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz will die Bundesregierung Hinweisgeber*innen in Deutschland den Rücken stärken. Sogenannte „Whistleblower“ sollen damit vor Benachteiligungen geschützt werden. Nachdem der Bundesrat das bereits vom Bundestag beschlossene Gesetz abgelehnt hatte, wurde ein Vermittlungsausschuss angerufen. Dieser erzielte im Mai 2023 eine Einigung. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens setzte sich die BStBK im Jahr 2023 in ihren Stellungnahmen für die Belange des Berufsstands ein. Sie unterstützte grundsätzlich das Ziel, den Schutz von Personen, die auf Missstände bei ihren Arbeitgeber*innen oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften hinweisen, zu verbessern. Allerdings dürfe es laut BStBK zwischen Steuerberater*innen und Rechtsanwält*innen beim Berufsgeheimnisschutz und damit auch im Bereich des Hinweisgeberschutzes keine Zweiklassengesellschaft geben. Denn laut Gesetz sollte der Rechtsanwaltsberuf von den Meldepflichten ausgenommen werden, der Steuerberaterberuf aber nicht. Die BStBK forderte, dass für beide Berufsgruppen die gleichen Regeln gelten, da der steuerberatende Beruf in Deutschland berufsrechtlich mit den Rechtsanwält*innen wesensgleich sei. Ihre Appelle an den Gesetzgeber, sich dafür einzusetzen, dass auch für den steuerberatenden Beruf der Berufsgeheimnisschutz gewahrt bleibt und dieser aus dem Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes ausgenommen wird, blieben leider ungehört. Das Gesetz ist am 2. Juli 2023 in Kraft getreten. [ 4 ] – Pilotprojekt zur elektronischen Steuerberaterprüfung Im Herbst 2023 führte die Steuerberaterkammer Schleswig-Holstein in enger Zusammenarbeit mit der BStBK ein Pilotprojekt anlässlich der Steuerberaterprüfung 2023 durch. Prüfungsteilnehmer*innen hatten erstmals die Möglichkeit, die Klausur elektronisch zu bearbeiten. Ziel war es, eine Handlungsempfehlung für alle Steuerberaterkammern zur elektronischen Steuerberaterprüfung zu erstellen. Für die elektronische Anfertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeit hatten sich 12 Teilnehmer*innen angemeldet. Damit entschieden sich 12 Prozent der insgesamt 99 Personen für die digitale Variante. Während der Prüfung wurde den Teilnehmer*innen ein Laptop mit einem entsprechenden Schreib- und Textverarbeitungsprogramm zur Verfügung gestellt. Weitere Programme waren auf diesem Laptop nicht vorhanden. Das Prüfungsprogramm speicherte dabei automatisch in Intervallen von wenigen Sekunden den Bearbeitungsstand. Im Falle einer technischen Störung hätten die Prüfungsteilnehmer*innen so den letzten Bearbeitungsstand auf einem Ersatz-Laptop aufrufen können. Die elektronisch angefertigten Klausuren wurden anschließend digital an die Korrektoren übermittelt und von diesen ebenfalls elektronisch korrigiert. [ 5 ] – Steuerfachangestelltenausbildung: Neuordnung und Umsetzungshilfe Am 1. August 2023 trat die neue Verordnung über die Berufsausbildung zum*zur Steuerfachangestellten in Kraft. Seither ist der Weg frei für eine zeitgemäße Ausbildung im steuerberatenden Beruf. Die Neuordnung bedeutet vor allem, dass inhaltlich kommunikative Fähigkeiten und digitale Verfahrensabläufe bei der Ausbildung stärker im Fokus stehen.

16 | BStBK-Jahresbericht 2023 Im Vorhinein arbeitete die BStBK gemeinsam mit den Steuerberaterkammern intensiv an der Novellierung der Ausbildungsordnung und passte diese insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung an. Dies erfolgte im Konsens mit dem Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und mit den Vertreter*innen der Gewerkschaftsseite der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (verdi) bezüglich der wesentlichen Eckpunkte der Ausbildung. Ende März 2023 erschien anlässlich der Neuordnung die passende Umsetzungshilfe „Steuerfachangestellter/Steuerfachangestellte“ des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB), an der die BStBK maßgeblich mitgewirkt hat. Die Umsetzungshilfe erläutert die modernisierte Ausbildungsordnung, gibt viele Praxisbeispiele zu den aktualisierten Inhalten des Ausbildungsrahmenplans und informiert über den Ablauf der Prüfungen. Für den schulischen Teil der Ausbildung liefert die Publikation beispielhafte Lernsituationen und gibt nützliche Hinweise zu den Lernfeldern des Rahmenlehrplans. Die Beratung und Betreuung der Mandantschaft hat darüber hinaus an Bedeutung gewonnen und erfordert erweiterte Kommunikations- und Präsentationskompetenzen von Steuerfachangestellten. [ 6 ] – BStBK-Umfrage zur Selbstständigkeit von Steuerberater*innen Die BStBK führte von März bis September 2023 eine Umfrage zur beruflichen Zukunftsplanung unter angehenden und jungen Steuerberater*innen durch. Der Anteil der selbstständigen Steuerberater*innen geht seit einigen Jahren stetig zurück. Ziel war es daher, das Warum zu erfahren und zu ermitteln, was nötig ist, um mehr Kolleg*innen für die Selbstständigkeit zu begeistern. Mehr als 1.000 Personen nahmen an der bundesweiten Online-Befragung teil. Die Ergebnisse lieferten interessante Einblicke: Die Mehrheit der Befragten bekannte sich offen für eine Selbstständigkeit. Etwas über 60 Prozent könnten es sich vorstellen, sich in einer Einzelkanzlei, einer Partnerschaft bzw. in einer Berufsausübungsgesellschaft hauptberuflich selbstständig zu machen. Das Interesse an einer selbstständigen Berufsausübung hat dabei unterschiedliche Beweggründe. Die meisten Befragten wollen der Mandantschaft helfen und diese beraten (68 Prozent), viele wollen die Arbeitszeit selbst einteilen und der eigene Chef sein (67 Prozent). Die Frage, was gegen eine selbstständige Berufsausübung spreche, beantworteten die Befragten relativ eindeutig mit der Präferenz der Arbeit im Team (67 Prozent) und der Wichtigkeit von Work-Life-Balance (66 Prozent). Die vorläufigen Ergebnisse zeigen einerseits auf, dass die Gründe für den Rückgang der Selbstständigkeit vielschichtig sind. Andererseits besteht ein großes Interesse an der Selbstständigkeit, an welches angeknüpft werden kann. [ 7 ] – Engagement der BStBK im Bereich der vereinbaren Tätigkeiten Die BStBK hat seit Jahren in ihrer täglichen Arbeit immer auch die Neuerungen im Bereich der sogenannten vereinbaren Tätigkeiten im Blick. Insolvenzrecht So begleitet die BStBK die Diskussionen um die verschiedenen Vorschläge zur Schaffung eines eigenen Berufsrechts für Insolvenzverwalter*innen schon seit geraumer Zeit. Die BStBK unterstützte auch 2023 im engen Schulterschluss mit der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) den von der Bundesrechtsan-

Fachwissenschaftliche Arbeit | 17 waltskammer (BRAK) im Oktober 2023 vorgelegten Vorschlag, die Insolvenzverwalter*innen weiter unter dem Dach der Rechtsanwaltskammern zu fassen. Eine zentrale Stelle soll unter Beteiligung der BStBK und WPK für die nötige Rechtseinheitlichkeit sorgen, die Rechtsanwaltskammern beraten und Empfehlungen geben. Wie sich das Bundesministerium der Justiz positioniert, ist 2023 offengeblieben. Die BStBK engagiert sich hier weiter. Krisenfrüherkennungs- und Sanierungsmandat Im September 2023 veröffentlichte die BStBK die „Orientierungshilfe Krisenfrüherkennungs- und Sanierungsmandat – Die Rolle des Steuerberaters als Lotse (Berater und Begleiter) bei Unternehmenskrisen“ als Beihefter in der DStR. Denn Steuerberater*innen stehen Unternehmen nicht nur bei steuerlichen, sondern auch bei betriebswirtschaftlichen Fragen zur Krisenfrüherkennung und Sanierung mit Rat und Tat zur Seite. Der Bedarf einer kompetenten Beratung durch Berufsangehörige ist anhaltend groß. Mit der Orientierungshilfe geben ausgewiesene Praktiker*innen des BStBK-Arbeitskreises „Steuerberater als Berater in der Krise“ einen Überblick zu geeigneten Maßnahmen für die Krisenfrüherkennung, Sanierung und Stabilisierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) und zu einem förmlichen Insolvenzverfahren. Die Orientierungshilfe steht auch auf der Website der BStBK zur Verfügung. Prüfungen nach dem Verpackungsgesetz Die BStBK tauschte sich im Jahr 2023 in einer Reihe von Gesprächen zu verschiedenen Fragen rund um die Prüfung der Vollständigkeitserklärungen nach dem Verpackungsgesetz aus. Gemeinsam mit der WPK machte sie gegenüber Vertreter*innen des Bundesministeriums für Umwelt deutlich, dass die von der Zentralen Stelle Verpackungsregister veröffentlichten Prüfleitlinien nicht mit den berufsrechtlichen Regelungen für Steuerberater*innen einhergehen. Gespräche wurden aber auch mit dem Umweltbundesamt und der Zentralen Stelle Verpackungsregister geführt, um die Qualität der Prüfberichte von Steuerberater*innen und Wirtschaftsprüfer*innen zu verbessern. Die BStBK erörterte auch mit dem Umweltbundesamt die im Einwegkunststofffondsgesetz vorgesehene neue Prüftätigkeit für Steuerberater*innen. Auch hier führten BStBK und WPK entsprechende Gespräche, um die ab 2025 verpflichtenden Prüfungen vorzubereiten. [ 8 ] – Neue Bundesbehörde zur Bekämpfung von Geldwäsche Die Bundesregierung brachte 2023 ein Reformpaket zur Bekämpfung von Geldwäsche auf den Weg. Zentraler Baustein ist dabei eine neue Bundesoberbehörde. Mit ihr will die Politik die Aufsicht im sogenannten Nichtfinanzsektor verbessern, Finanzkriminalität wirksamer verhindern und die bisher zersplitterten Kompetenzen in Deutschland bündeln. Das sogenannte Bundesamt für die Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) soll 2025 starten. In das BBF soll auch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, auch Financial Intelligence Unit, kurz FIU genannt, integriert werden. Eine Fachaufsicht über die Steuerberaterkammern – wie zuerst befürchtet – soll das BBF nicht übernehmen. Um den Berufsstand für die aktuellen Entwicklungen zu sensibilisieren, veranstaltete die BStBK gemeinsam mit der FIU im März 2023 einen Workshop für die Steuerberaterkammern. Hierbei wurde auch ein seitens der FIU herausgegebenes und eigens auf den Berufsstand zugeschnittenes Typologiepapier

18 | BStBK-Jahresbericht 2023 vorgestellt. Dieses Papier soll dem Berufsstand die Umsetzung der nach dem Geldwäschegesetz bestehenden Verpflichtungen erleichtern. Dass die Bundesregierung und der EU-Rat das Thema Geldwäsche nun mit höchster Priorität angehen, begrüßte die BStBK. Dabei setze aber vor allem der EU-Rat die falschen Hebel in Bewegung. Eine schlagkräftigere Bekämpfung von Finanzkriminalität darf die Selbstverwaltung der Steuerberater*innen nicht gefährden. [ 9 ] – Geldwäscheprävention und Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz Seit dem 1. Januar 2024 müssen sich alle nach dem Geldwäschegesetz (GwG) Verpflichteten beim von der FIU betriebenen elektronischen Meldeportal goAML registrieren. So sind auch Steuerberater*innen verpflichtet, geldwäscherechtlich relevante Verdachtsfälle grundsätzlich über dieses Portal zu melden. Die Registrierungspflicht gilt dabei unabhängig von der Abgabe einer solchen Verdachtsmeldung. Da ein Nichteinreichen notwendiger Verdachtsmeldungen bußgeldbewehrt ist, empfahl die BStBK dem Berufsstand schon frühzeitig, sich rechtzeitig als Verpflichtete zu registrieren. Das BMF plante im Gesetzentwurf für ein Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, Verstöße gegen die Registrierungspflicht mit einem Bußgeld zu bewehren, und das ohne eine Übergangsfrist. Dazu nahm die BStBK im September 2023 Stellung und begrüßte zwar das übergeordnete Ziel des Gesetzes, der Finanzkriminalität effektiver entgegenzutreten, forderte aber eine sanktionsfreie Übergangsfrist für die Registrierungspflicht von einem Jahr. Dieser Forderung wurde entsprochen. Der aktuelle Regierungsentwurf sieht eine Bußgeldbewehrung erst ab dem 1. Januar 2025 vor. Weiterhin sah der Entwurf eine neue Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) vor, die insbesondere Geldwäscheaufsichtsbehörden harmonisieren und unterstützen soll. Hier forderte die BStBK ausdrücklich, im Gesetzestext bei den geregelten Aufgaben und Befugnissen unmissverständlich klarzustellen, dass die Aufsichtstätigkeit ausschließlich bei den Aufsichtsbehörden liegt und jegliche Unterstützung seitens der neuen Zentralstelle nur auf Ersuchen der zuständigen Behörde, insbesondere der Steuerberaterkammer, erfolgt. Auch hier war die BStBK mit ihren Forderungen erfolgreich. So bleibt auch zukünftig die Selbstverwaltung des Berufsstands gewahrt und es soll keine Fachaufsicht durch das BBF bzw. die ZfG über die Steuerberaterkammern geben. Die ZfG soll lediglich auf Anforderung der Kammern, z. B. bei komplexen Prüfungsverfahren, unterstützend tätig werden. Das Gesetzgebungsverfahren zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz läuft noch. Durch die Registrierung beim goAML-Portal ist insbesondere auch der Zugriff auf die von der FIU herausgegebenen Typologiepapiere, andere Arbeitshilfen und Informationen möglich, die im geschützten Bereich zur Verfügung stehen. Diese können hilfreich sein, um in der täglichen Arbeit mögliche geldwäscherechtlich relevante Sachverhalte leichter zu erkennen. Um die Interessen des Berufsstands zukünftig noch besser bei staatlichen Vorhaben zur Geldwäschebekämpfung zu platzieren, ist die BStBK seit Juni 2023 Mitglied in der Anti Financial Crime Alliance (AFCA). Die AFCA ist eine Public-Private-Partnership, in der Vertreter*innen der staatlichen Behörden (z. B. BaFin, BKA, BZfSt), des Finanzsektors und des Nichtfinanzsektors sich austauschen und zusammen Arbeitshilfen wie Whitepaper und Praxishilfen

Fachwissenschaftliche Arbeit | 19 erarbeiten. Zudem hat die Arbeit der AFCA auch Einfluss auf die Nationalen Risikoanalysen, zukünftige FATF-Prüfungen und entsprechende Gesetzgebungsverfahren. [ 10 ] – Gesetz zur Stärkung der risikoorientierten Arbeitsweise der FIU Die BStBK nahm im Juli 2023 gegenüber dem BMF zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der risikoorientierten Arbeitsweise der FIU Stellung. Ziel des Entwurfes war es insbesondere, bei der FIU eine risikobasierte Prüfung und Analyse der Geldwäscheverdachtsmeldungen zu etablieren. Die BStBK hält eine stärkere Risikoorientierung zwar grundsätzlich für geeignet, um die abgegebenen Verdachtsmeldungen effizienter zu filtern und auszuwählen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Prüfungsqualität nachlasse. Daher wies sie in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die steigende Zahl an Verdachtsmeldungen wirksamer mit automatisierten und effektiven Prüfprozessen bewältigt werden kann als lediglich durch gröbere Filter in Form des risikobasierten Prüfansatzes. Auch sollten die automatisierten Prüfprozesse dazu genutzt werden, um sicherzustellen, dass die FIU sämtliche eingehende Verdachtsmeldungen mit ausreichender Qualität und möglichst zeitnah prüfe. Zudem forderte die BStBK, dass der risikobasierte Ansatz bei der Analysetätigkeit der FIU und die Verdachtsmeldung der Verpflichteten miteinander gekoppelt werden. Denn es sei für die Verpflichteten nur schwer nachvollziehbar, wenn sie Verdachtstatsachen melden sollen, diese dann aber von der FIU automatisiert als nicht analyserelevant ausgesondert werden. Die BStBK regte daher an, meldepflichtige Sachverhalte im Fall der Geldwäscheverdachtsmeldung risikobasiert zu definieren. Das Gesetz ist am 18. November 2023 in Kraft getreten. [ 11 ] – Kurzarbeitergeld: erleichterte Abschlussprüfungen und mehr Digitalisierung Zum 1. Januar 2023 traten einige Erleichterungen bei den Abschlussprüfungen des Kurzarbeitergeldes (KUG) in Kraft. Hierfür hatte sich die BStBK vorab im Schulterschluss mit dem DStV in zahlreichen Gesprächen mit der Bundesagentur für Arbeit und politischen Verantwortlichen eingesetzt. Für coronabedingte Kurzarbeit können seit Beginn des Jahres 2023 Prüfungen entfallen, wenn der Gesamtauszahlungsbetrag des Kurzarbeitergeldes und der dem Arbeitgeber erstatteten Sozialversicherungsbeiträge für den jeweiligen Arbeitsausfall 10.000 Euro nicht überschreitet. Liegen in einem Betrieb mehrere Arbeitsausfälle z. B. in verschiedenen Betriebsabteilungen vor, wird jeder Arbeitsausfall für sich betrachtet, jeweils gesondert geprüft oder auch von der Prüfung ausgenommen. Für alle Unternehmen, die im Jahr 2022 bereits geprüft wurden, ändert sich allerdings nichts. Mit dem Inkrafttreten der Erleichterungen zum Jahresbeginn 2023 sind rückwirkende Änderungen der Prüfung ausgeschlossen. Die BStBK begrüßt das Einlenken der Politik als Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der weiterhin hohen Arbeitsbelastung in den Kanzleien hätte sich der Berufsstand aber einen deutlich größeren Wurf gewünscht. Im Ergebnis bleibt die Erkenntnis: Für künftige Krisen muss das Instrument des Kurzarbeitergeldes besser ausgestaltet sein. Dazu gehört ganz besonders, eine praxistaugliche Vertretungsbefugnis für Steuerberater*innen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu schaffen.

20 | BStBK-Jahresbericht 2023 STEUERRECHT UND RECHNUNGSLEGUNG [ 1 ] – Wachstumschancengesetz Die Bundesregierung veröffentlichte im Jahr 2023 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, das sogenannte Wachstumschancengesetz. In ihrer Stellungnahme begrüßte die BStBK die zahlreichen vorgesehenen Einzelmaßnahmen, mit denen bestehende Festbeträge, Pauschalierungen, Freibeträge oder Freigrenzen angehoben oder neu eingeführt werden, sowie die Aufhebung der unpraktikablen Regelungen der §§ 123 bis 126 EStG zur Besteuerung der Gas- und Wärmepreisbremse. Alle damit verbundenen Erleichterungen finanzieller und administrativer Art führten jedoch nicht zu einer substanziellen Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Die BStBK kritisierte insbesondere einige Aspekte der Reform der Zinsschranke sowie die Einführung einer Zinshöhenschranke. Der angestrebte Bürokratieabbau würde zudem durch die geplante Einführung von neuen Meldepflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen ad absurdum geführt. Die vorgesehenen Anpassungen aufgrund des 2024 in Kraft tretenden Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetzes (MoPeG) begrüßte die BStBK. Sie wies jedoch darauf hin, dass es korrespondierender Anpassungen im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) bedarf, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf bislang keine Berücksichtigung finden. Die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung im B2B-Bereich begrüßte die BStBK ausdrücklich. Das Projekt habe das Potenzial, einen Meilenstein der Digitalisierung in Deutschland darzustellen, beinhalte jedoch zugleich erhebliche „Sprengkraft“, wenn die Unternehmen durch den anfallenden Umstellungsaufwand überbordend belastet würden. Die BStBK setzte sich daher für die staatliche Zurverfügungstellung tragfähiger technischer Rahmenbedingungen unter Einbezug des avisierten transaktionalen Meldesystems und die IT-seitige Entlastung von KMU ein. Die BStBK machte sich für ein Projektmanagement und den Einsatz von interdisziplinären Arbeitsgruppen im BMF stark, um das vorhandene Know-how zu bündeln und zügig tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Am 6. November nahmen BStBK-Präsident Prof. Dr. Hartmut Schwab und BStBK-Vizepräsident Dirk Rose an der Anhörung des Finanzausschusses im Bundestag teil und brachten zentrale Punkte der eingereichten BStBK-Stellungnahme zum Regierungsentwurf in die Diskussion ein. Am 17. November 2023 beschloss der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf zum Wachstumschancengesetz. Dieser enthielt bereits einige von der BStBK geforderte Änderungen bezogen auf die elektronische Rechnung. Eine elektronische Rechnung kann demnach auch in einem anderen Format als dem nach den EN 16931 ausgestellt werden. Voraussetzung ist ab dem 31. Dezember 2027, dass dieses Format die richtige und vollständige Extraktion der erforderlichen Angaben aus der elektronischen Rechnung in ein Format ermöglicht, das der Norm EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Um sämtliche im Kontext der E-Rechnung und des avisierten Meldesystems noch zu klärende Fragestellungen zu identifizieren und Lösungsoptionen zu erarbeiten, sollen verschiedene Arbeitsgruppen im BMF gebildet werden. Zu dem am 17. November 2023 vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Wachstumschancengesetz hat der Bundesrat am 24. November 2023 den Vermittlungsausschuss angerufen.

Fachwissenschaftliche Arbeit | 21 [ 2 ] – Unternehmensteuerreform Am 29. September 2023 startete das Bundesfinanzministerium (BMF) mit seinen Expertendialogen zur Unternehmensteuerreform. Im Rahmen von zwei Kommissionen, an denen Vertreter*innen von Wissenschaft und Politik teilnehmen, sollen konkrete Vorschläge für praxisnahe und politisch umsetzbare Lösungen erarbeitet werden. Für die BStBK nimmt Präsidialmitglied Prof. Dr. Uwe Schramm an der Kommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ teil. Die Kommission soll Ansätze zur weiteren Vereinfachung und Entbürokratisierung der Unternehmensteuer sondieren, mögliche Verbesserungen für einen verlässlichen und planbaren Steuervollzug diskutieren und die internationale Entwicklung sowie sich hieraus ergebende Folgen und Chancen für das nationale Recht einbeziehen. Die zweite Kommission arbeitet an einer „Bürgernahen Einkommensteuer“. Hier liegt der Fokus auf den Chancen der Digitalisierung, einfachen umsetzbaren Regeln sowie dem Abbau von Steuererklärungsbürokratie. Die Arbeiten der beiden Kommissionen sollen Mitte des Jahres 2024 abgeschlossen werden. [ 3 ] – Zukunftsfinanzierungsgesetz Am 12. April 2023 legten BMF und Bundesjustizministerium (BMJ) gemeinsam den Gesetzentwurf zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen, kurz Zukunftsfinanzierungsgesetz, vor. Dieser sieht neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen auch Änderungen im Gesellschaftsrecht und im Steuerrecht vor. So will die Politik insbesondere für Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie KMU den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtern. Die BStBK unterstützte in ihrer Stellungnahme vom 5. Mai 2023 das Ziel, die notwendigen Zukunftsinvestitionen zu fördern und so auch die Attraktivität des Kapitalmarktes zu erhöhen. Daher begrüßte sie auch die Bemühungen, die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Aktie als Vermögensanlage zu verbessern. Allerdings kritisierte die BStBK, dass weder ein Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien oder Aktienfondsanteilen noch die Abschaffung des gesonderten Verlustverrechnungskreises für Aktienveräußerungsverluste im Gesetzentwurf berücksichtigt wurden, so wie es in einem vorherigen Eckpunktepapier vorgesehen war. Denn nach Auffassung der BStBK wäre beides hilfreich, um auch den persönlichen Vermögensaufbau und die Altersvorsorge zu fördern. Sie begrüßte die weitere Anhebung des Freibetrags für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen. Kritisch sah die BStBK jedoch die neuerdings vorgesehene Voraussetzung, nach der die Beteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden muss. Das mache eine Gewährung im Rahmen einer Entgeltumwandlung unmöglich. Am 10. Oktober 2023 nahm die BStBK gegenüber dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags zum Regierungsentwurf Stellung. Im Gegensatz zum Referentenentwurf sieht der Regierungsentwurf vor, dass die Anhebung des Freibetrags für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen nur noch in bestimmten Fällen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden muss. Dabei sollen die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten der Beteiligung gehören, wenn die Beteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert oder unentgeltlich auf Dritte übertragen wurde. Die BStBK kritisierte, dass damit faktisch eine dreijährige Haltefrist eingeführt wird.

22 | BStBK-Jahresbericht 2023 Ebenfalls bemängelte die BStBK, dass die im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit, den geldwerten Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung pauschal mit 25 Prozent zu besteuern, nicht mehr im Regierungsentwurf enthalten ist. Sie regte an, nach einer Dauer von 20 Jahren seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung gänzlich von einer Besteuerung abzusehen. Das Gesetz wurde am 17. November 2023 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat stimmte am 24. November 2023 zu. Die im Regierungsentwurf vorgesehene dreijährige Haltefrist für Vermögensbeteiligungen wurde dabei wieder zurückgenommen. Die Nachversteuerungsfrist wird nunmehr von 12 auf 15 Jahre verlängert und die Möglichkeit einer endgültigen Vermeidung von Dry-Income durch eine erklärte Haftungsübernahme des Arbeitgebers eingeführt. [ 4 ] – Bürokratieabbau Mitte April veröffentlichte das Bundesjustizministerium die Ergebnisse der Verbändeumfrage zum Bürokratieabbau, an der sich insgesamt 57 Verbände im Rahmen einer Online-Befragung beteiligten. Das Ziel der Umfrage ist eine Entbürokratisierungsoffensive, um Wirtschaft, Bürger*innen und Verwaltung zu entlasten. Die BStBK macht sich schon seit Langem für wirksamen Bürokratieabbau stark und hat ihre Vorschläge entsprechend eingebracht. Unter anderem forderte sie, Melde- und Berichtspflichten sowie Dokumentationspflichten abzubauen, statt neue „Bürokratiemonster“ zu schaffen bzw. diese noch weiter auszuweiten. Denn neben der hohen Abgabenlast gehört die enorme Bürokratie in Deutschland nicht nur zu den wesentlichen Standortnachteilen im internationalen Wettbewerb, sondern behindert die Wirtschaftstätigkeit auch inländischer Unternehmen. Gerade kleine und mittelgroße Unternehmen sowie deren Steuerberater werden durch immense Bürokratie belastet. Um zu identifizieren, welche Vorschläge das größte Entlastungspotenzial aufweisen, wurden die eingereichten Vorschläge vom Statistischen Bundesamt nach dem möglichen Entlastungspotenzial fünf Kategorien zugeordnet und priorisiert. Die BStBK-­ Vorschläge kommen aus der Praxis und können zügig angegangen werden. Dementsprechend sind einige BStBK-Vorschläge mit der Kategorie 1 „Potenziell geeignet für unmittelbare gesetzliche Maßnahmen der Ressorts oder in einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)“ hoch priorisiert. Die Vorschläge in dieser Kategorie zeichnen sich dadurch aus, dass ein klarer Bezug zu einer bestehenden Rechtsnorm und ein konkreter Lösungsansatz durch Rechtsetzung erkennbar sind. Das betrifft u. a. die BStBK-Vorschläge: das Außensteuergesetz zur Systematisierung der Missbrauchsvermeidungsnormen zu novellieren, das Optionsmodell nach § 1a KStG praxistauglich anzupassen oder die Regelungen zu geringwertigen Wirtschaftsgütern und der Abschreibungsregelungen anzupassen. [ 5 ] – Corona-Wirtschaftshilfen Nach dem Ende der Pandemie und der Auszahlung der Corona-Wirtschaftshilfen steht noch die Einreichung der Schlussabrechnungen und die endgültige Bescheidung durch die Bewilligungsstellen aus. Die BStBK hat am 1. August 2023 eine Fristverlängerung für die Einreichung der Schlussabrechnungen bis 31. Dezember 2023 (statt 31. August 2023) bzw. bei beantragter Verlängerung bis 31. Dezember 2024 gefordert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in Abstimmung mit den Ländern einer Fristverlängerung um 2 Monate bis

Fachwissenschaftliche Arbeit | 23 zum 31. Oktober 2023 zugestimmt. Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung im Falle einer beantragten Verlängerung wurde um drei Monate auf den 31. März 2024 verlängert. Werden diese Fristen nicht eingehalten, sollen Erinnerungsschreiben, Anhörungen und danach auch Rückforderungsbescheide von den Bewilligungsstellen folgen. Darüber hinaus adressierte die BStBK am 17. August 2023 eine Eingabe an das BMWK, um auf die zahlreichen Probleme des Berufsstands im Zuge der Erstellung der Schlussabrechnungen hinzuweisen. Die Bewilligungsstellen warteten zu einzelnen Fragen auf eine klare Weisung des Bundes. Außerdem würden sie mangels Anweisung auf eine Ermessungsausübung verzichten. Beides wirke sich nachteilig für die Antragsteller aus. Daraus resultierten Unsicherheiten in der Praxis, eine heterogene Beurteilung der unterschiedlichen Bewilligungsstellen sowie Haftungsrisiken für Steuerberater*innen, die nicht hinzunehmen seien. Die BStBK machte deutlich, dass die aktuelle Entwicklung kritisch sei und sich das BMWK nun nicht aus der Verantwortung nehmen dürfe. Zudem warb sie für eine bundeseinheitliche Lösung hinsichtlich der Fragen betreffend der Hinzufügung von neuen Fixkosten, Wahlrechtsänderung zur sogenannten Ein-Zwölftel-Regelung, verschiedener Aspekte bei Verbundunternehmen, nachträglicher Änderung eines angelegten Organisationsprofils u. a. m. [ 6 ] – Offenlegung Jahresabschlüsse Am 22. Dezember 2023 gaben das Bundesamt für Justiz (BfJ) und das BMJ bekannt, dass gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2022 am 31. Dezember 2023 endet, vor dem 2. April 2024 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB eingeleitet wird. Damit sollen angesichts der anhaltenden Nachwirkungen der Ausnahmesituation der COVID-19-Pandemie die Belange der Beteiligten angemessen berücksichtigt werden. Die BStBK forderte bereits in ihrer Eingabe vom 27. November 2023 sowie diversen Gesprächen gegenüber dem BMJ und BfJ, dass auf die Einleitung von Ordnungsgeldverfahren für die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse 2022 mindestens bis Ende April 2024 verzichtet wird. Die intensiven Bemühungen der BStBK waren letztlich erfolgreich. [ 7 ] – Mindeststeuer Im Dezember 2022 verabschiedete die EU eine Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union, die bis Ende 2023 in das deutsche Gesetz umgesetzt werden musste. Mitte März legte das BMF einen ersten Diskussionsentwurf vor, hierzu nahm die BStBK am 21. April 2023 Stellung. Da die BStBK den Zeitplan für zu ambitioniert hält, forderte sie, dass in der Anfangsphase vorkommende Fehler nachsichtig behandelt und Sanktionen entweder ganz ausgesetzt oder nur mild ausgestaltet werden sollten. Die BStBK forderte, vorgeschlagene Vereinfachungsmöglichkeiten, sogenannte safe harbours, konsequent umzusetzen, um Unternehmen und Finanzverwaltung nicht zu überlasten. Strafrechtliche Folgen sollten zudem unterbleiben, wenn erst im Nachhinein klar wird, dass zu Beginn noch offene Fragen zwar falsch beantwortet wurden, eine Entscheidung aber für erforderliche Berechnungen oder die Steuererklärung nötig war.

24 | BStBK-Jahresbericht 2023 Am 10. Juli 2023 wurde dann der Referentenentwurf zur Umsetzung der nationalen Mindeststeuer veröffentlicht. Hierzu nahm die BStBK am 21. Juli 2023 Stellung. Obwohl der Referentenentwurf bereits wichtige – von der BStBK geforderte – Änderungen gegenüber dem Diskussionsentwurf vorsah, blieben die Änderungen in dem Referentenentwurf nach Auffassung der BStBK insgesamt gegenüber dem Diskussionsentwurf deutlich unter ihrem Verbesserungspotenzial. Insbesondere sah der Referentenentwurf kaum Vereinfachungsregelungen für die Unternehmen vor. Stattdessen ist das Mindeststeuergesetz weiterhin sehr komplex und wurde gerade nicht an die bestehenden steuerrechtlichen Begrifflichkeiten angeglichen. Anfang Oktober legte die Bundesregierung ihren Regierungsentwurf vor, zu welchem die BStBK am 13. Oktober 2023 Stellung nahm. Sie begrüßte grundsätzlich die weiteren Konkretisierungen und Klarstellungen gegenüber dem Referentenentwurf. Diese sind jedoch aus ihrer Sicht nicht ausreichend. Es fehlen umfangreiche Wahlrechte und Beispiele. Hier gelte es, dringend nachzujustieren, wolle man Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen vermeiden. Darüber hinaus kritisierte die BStBK, dass die international abgestimmten Vereinfachungsregelungen noch nicht im Regierungsentwurf verankert sind. Dies erschwere es den Unternehmen, ihre Prozesse für die Umsetzung des Mindeststeuergesetzes im kommenden Jahr aufzusetzen. Zudem bestehe Unklarheit darüber, wie mit zukünftigen Vereinfachungen umzugehen ist, die auf internationaler Ebene noch abgestimmt werden. In diesem Zusammenhang machte die BStBK deutlich, dass der Anspruch des Gesetzgebers sein sollte, anwenderfreundliche, nicht fehleranfällige und widerspruchsfreie Gesetze zu verabschieden. Neben dem Mindeststeuergesetz sieht der Regierungsentwurf weitere Begleitmaßnahmen vor: Insbesondere die bereits seit Längerem von der BStBK geforderte Herabsetzung des Hinzurechnungssteuersatzes von 25 Prozent auf 15 Prozent führt zu erheblichen Entlastungen bei den Unternehmen. Das begrüße die BStBK. Jedoch wurde gegenüber dem Referentenentwurf die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen sowie die Abschaffung der Lizenzschranke aus dem Regierungsentwurf gestrichen. Am 10. November 2023 wurde der Gesetzentwurf vom Bundestag und am 15. Dezember 2023 vom Bundesrat beschlossen. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgte am 27. Dezember 2023. Die Regelungen gelten erstmalig für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen. [ 8 ] – Grundsteuer Der Berufsstand war bei der Umsetzung der Grundsteuerreform stark eingebunden. Bis zum 31. Januar 2023 konnte die Feststellungserklärung eingereicht werden – bis auf Bayern hatten alle Bundesländer an diesem Stichtag festgehalten. Die kurze Abgabefrist von 4 bzw. später 6 Monaten hatte die BStBK von Anfang an stark kritisiert und sich mehrfach für Fristverlängerungen eingesetzt. Ebenso hat sich die BStBK für diverse Verfahrenserleichterungen eingesetzt, bspw. dass die Feststellungsbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung ergehen sollten. Nach Ablauf der Frist wollte die BStBK wissen, wie die Situation in den Kanzleien ist und mit welchem weiteren Arbeitsaufkommen bei der Grundsteuer zukünftig gerechnet wird. Am 1. Februar 2023 startete sie daher eine Umfrage im Berufsstand, an der sich über 6.000 Berufsträger*innen beteiligten. Circa 70 Prozent der Befragten gaben an, nicht alle Feststellungserklärungen bis zum 31. Januar einge-

Fachwissenschaftliche Arbeit | 25 reicht zu haben. Aus diesem Personenkreis haben ca. 30 Prozent weniger als 70 Prozent der zu bearbeitenden Erklärungen eingereicht. Gründe hierfür waren: die mangelnde Zuarbeit der Mandantschaft, zu späte Beauftragung, geringe Kanzleikapazitäten, fehlerhafte Informationsschreiben und unkooperatives Verhalten der Finanzverwaltung. 85 Prozent der Befragten gaben an, die meisten Erklärungen für Privatpersonen abgegeben zu haben, 12 Prozent für Unternehmen und 5 Prozent für Land- und Forstwirtschaft. Mehr als 20 Prozent der Befragten hatten mit Softwareproblemen (ELSTER und Fachsoftware) zu kämpfen. Daneben stellten bspw. fehlende Datengrundlagen, die Zuordnung der Nutzungsarten bei Land- und Forstwirtschaft die größten Hindernisse dar. 90 Prozent der Befragten legen vorsorglich bzw. auf ausdrücklichen Wunsch des Mandanten Einsprüche ein. Davon über 60 Prozent wegen eventueller Verfassungswidrigkeit und 30 Prozent wegen falscher Bescheide. [ 9 ] – Elektronische Rechnungsstellungs- und Meldesysteme – obligatorische E-Rechnung Mit dem Ziel, das Mehrwertsteuersystem an das digitale Zeitalter anzupassen und widerstandsfähiger gegen Betrug zu machen, veröffentlichte die EU-Kommission Ende 2022 ihren Entwurf für den Maßnahmenkatalog „VAT in the digital age“ (ViDA). In den nächsten Jahren müssen die Mitgliedstaaten digitale Meldesysteme einrichten bzw. bereits implementierte Systeme an den EU-weiten Meldestandard anpassen. Geplant ist ein verpflichtendes digitales Echtzeit-Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze ab dem 1. Januar 2028, das auf Grundlage einer elektronischen Rechnungsstellung eingeführt wird. Rechnungen in Papierform dürfen dann bspw. nur noch für Lieferungen ausgestellt werden, die nicht den digitalen Meldepflichten unterliegen. Neu ist ebenfalls, dass die Übermittlung elektronischer Rechnungen zwischen Unternehmen künftig nicht mehr von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig ist. Die BStBK begrüßte in ihrer Stellungnahme vom 20. April 2023 grundsätzlich die Initiative der EU-Kommission, eine digitale Meldepflicht für innergemeinschaftliche Umsätze auf Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung einzuführen. Der Harmonisierungsvorschlag ist für die Praxis der Unternehmen und deren Berater von großer Bedeutung, da er neben der Betrugsbekämpfung auch erhebliches Potenzial zur Digitalisierung und Automatisierung der Rechnungsstellungsprozesse beinhaltet. Es ist zu begrüßen, dass mit der CEN-Norm 16931 auf einen europaweit erprobten technischen Standard abgestellt wird. Die Implementierung eines dezentralen Modells erscheint insoweit vorteilhaft, als die Fehleranfälligkeit reduziert und der Rechnungsstellungsprozess beschleunigt werden kann. Gleichwohl erkannte die BStBK noch wesentlichen Anpassungsbedarf. Dies betrifft insbesondere die Verlängerung der Fristen für die Ausstellung der Rechnung und daran anknüpfende Meldeverpflichtungen sowie die Rechnungspflichtangaben. Zudem wies die BStBK darauf hin, dass es an einheitlichen Rahmenbedingungen für die technische Infrastruktur und die Übertragungswege fehle. Im Einzelnen monierte sie u. a. die Kurzfristigkeit bei der Zwei-­ Tages-Frist für die Ausstellung der Rechnung und der Einzeltransaktionsbezogenen Meldeverpflichtung. Sie vermisst die Festlegung auf ein Übertragungsnetzwerk und Erleichterungen für KMU. Mitte April legte das Bundesfinanzministerium sodann einen Diskussionsvorschlag für die nationale Einführung einer obligatorischen E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze vor. Ziel ist es, Mehrwertsteuerbetrug zu vermeiden und sowohl die

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